Interview 1

Birgit Skrotzki

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Die Wissenschaftlerin Birgit Skrotzki leitet an der BAM den Fachbereich Metallische Hochtemperaturwerkstoffe und ist Mitglied des Lenkungskreises im Projekt Plattform MaterialDigital. Außerdem ist Birgit Skrotzki derzeit Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde e.V. (DGM).

Heute ist der Internationale Frauentag. Sie haben als erste Frau an der Fakultät für Maschinenbau an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) habilitiert und leiten seit nunmehr 20 Jahren einen Fachbereich an der BAM. Möchten Sie uns von Ihrem Berufsweg erzählen?

Nachdem ich mein Studium in Bochum abgeschlossen hatte, wollte ich tiefer in die Werkstoffwissenschaft eintauchen, vor allem in die faszinierende Welt der Mikrostruktur, und begann daher mit einem Promotionsprojekt an der RUB. Nach erfolgreichem Abschluss bin ich dann für 2 Jahre als Postdoc in die USA an die University of Virginia gegangen. Das war eine sehr schöne Zeit und wichtige Erfahrung für mich, sowohl persönlich als auch beruflich. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland habe ich an der RUB meine Arbeitsgruppe Leichtmetalle aufgebaut und mich schließlich habilitiert. Dass ich die erste Frau war, hatte damals tatsächlich etwas Aufsehen erregt, denn im Maschinenbau gab es ja nur wenige Frauen. Seit 2003 leite ich den Fachbereich Experimentelle und modellbasierte Werkstoffmechanik (seit diesem Jahr Metallische Hochtemperaturwerkstoffe).

Was würden Sie jungen Frauen, vor allem in MINT Studiengängen, mit auf Ihren Weg geben?

Frauen können MINT genauso gut wie Männer! Das Gebiet MINT ist sehr spannend und vielfältig, von der Innenarchitektur über Maschinenbau bis zur Informatik. MINT wird gebraucht, um gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen wie z.B. Nachhaltigkeit, Klima und Energie. Trauen Sie sich und schnuppern Sie hinein, um sich selbst ein Bild zu machen. Ein Studium in diesem Bereich bietet zudem sehr gute berufliche Perspektiven. Der MINT Bereich würde sehr von einem höheren Frauenanteil profitieren.

Die Materialwissenschaft und Werkstofftechnik ist maßgeblich für die Entwicklung moderner Technologien, die zur Lösung wichtiger Zukunftsaufgaben beitragen können. Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Unser grundlegendes Ziel ist, Werkstoffdaten in einer optimal dokumentierten Form in möglichst großer Anzahl und leicht erreichbar verfügbar zu machen, um sie in neuen digitalen Labor- und Industrieprozessen schnell und effektiv nutzen zu können. Dies umfasst den gesamten Lebenszyklus eines Werkstoffs bzw. Bauteils einschließlich der Prozesskette. Um von den derzeit überwiegend existierenden Insellösungen wegzukommen, werden in verschiedenen aktuellen Forschungsinitiativen Datenraumkonzepte entwickelt, die einen Datenaustausch ermöglichen und dennoch die Datensouveränität der Beteiligten sicherstellen. In der Initiative MaterialDigital arbeiten wir genau daran. Dies wird in Zukunft gewiss zu einer Beschleunigung der Materialentwicklung, einer Senkung der Entwicklungskosten, einer bessere Materialausnutzung und einer höheren Nutzbarkeit der Komponenten führen und leistet damit einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Nutzung und auch Produktion von Materialien.

Welches Material ist ihr liebstes und warum?

Mein Lieblingswerkstoff sind die Aluminiumlegierungen. Die Klasse der ausscheidungshärtbaren Aluminiumlegierungen zeigt sehr interessante Mikrostrukturen mit zahlreichen Phasenumwandlungen und es ist sehr spannend, diese mit ihren mechanischen Eigenschaften in Verbindung zu bringen.